Musik als Werden und Vergehen

Wenn ich mir die Frage stelle, warum ich mich für Musik als Beruf entschieden habe, kann ich diese nicht wirklich beantworten. Was ausschlaggebend war, der entscheidende Moment, ob es die Faszination am Klang selber oder das Gefühl beim Klavierspiel war, kann ich kaum im Rückblick verlässlich sagen. Besser beantworten kann ich die Frage, warum ich dabei geblieben bin. Das Leben war nicht unbedingt sehr einfach als Musiker, und oft genug ging es mir durch den Kopf, ob ich nicht lieber etwas anderes tun sollte.
In den letzten Jahren wurde es mir immer mehr bewusst, was ich an Musik so faszinierend finde. Es ist das vergängliche Wesen des Klangs. Ein Ton ist stets besonders vom Vergehen geprägt, er kann auf keinen Fall ewig weiterklingen, selbst die langen Töne in John Cages ASLSP auf der Halberstädter Orgel werden irgendwann verklungen sein. Somit ist Musik in ihrer Natur der „Windhauch“ des Kohelet, Vanitas, ephemer. Wir können uns zwar Musikstücke immer wieder anhören, dennoch verklingen sie auch jedes Mal.
Das Klavier ist – wie alle kurzklingenden Instrumente – besonders ein solches Instrument des Verklingens, denn den Klang aus dem Nichts entstehen zu lassen, wie es bei einer Klarinette oder einem Akkordeon möglich ist, ist auf dem Klavier nicht möglich. Es ist wie eine Glocke, die eben nur angeschlagen werden kann, um dann zu verklingen. Es ist für mich etwas Herbstliches in der Musik, in ihrem Wesen.

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